Orthorexia nervosa - Wann wird gesunde Ernährung zum Zwang?
Dr. Jana Strahler | 23. Mai 2019
Für immer mehr Menschen ist die Ernährung Ausdrucksmittel eines bestimmten Lebensstils oder dient gar als Instrument zur Selbstoptimierung. In diesem Kontext finden aktuell selbst Ernährungskonzepte mit strengen Regeln und Verboten in der Allgemeinheit zunehmende Akzeptanz.
Die populärsten dieser Konzepte haben ihren Ursprung in diätetischen Kostformen, die einst zur Behandlung von Krankheiten entwickelt wurden. Die Gruppe derjenigen Personen, die sich auch ohne ärztlichen Befund oder aus sonstigen gesundheitlichen Gründen beim Essen einschränkt, wächst stetig. Entweder im Empfinden krank zu sein oder aus dem Wunsch heraus, sich gesünder zu ernähren. Besonders deutlich wird dieser Trend auch in den Supermärkten, wo neben den herkömmlichen Lebensmitteln längst eine große Auswahl angereicherter, Ersatz- oder „Frei von“-Lebensmittel zu finden sind. In gleichem Maße mehrt sich die Kritik an all diesen Entwicklungen. Wo verlaufen die Grenzen zwischen (noch) „normalem“ gesundheitsbewusstem und zwanghaft gesundem Essen im Sinne einer Störung oder Krankheit?
Generelle Kriterien für die Betrachtung als Störung sind unter anderem die ständige Beschäftigung mit Ernährung, die für die Betroffenen zum Zwang wird, einhergehend mit einem subjektiven Leidensdruck, sozialer Isolation und einem erheblichen Risiko einer Malnutrition. 1997 definierte der Alternativmediziner Steven Bratman mit der sogenannten Orthorexia nervosa – sinngemäß dem Zwang, sich gesund zu ernähren – ein Krankheitsbild, das seitdem kontrovers diskutiert wird. Ob es sich um eine eigenständige Essstörung handelt beziehungsweise in welche Kategorie die Orthorexie einzuordnen ist, ist ungeklärt. Auch fehlen bis dato ein festes Diagnose- oder Behandlungsschema. Unbeantwortet ist bis heute, wo orthorektisches Verhalten beginnt, wie es charakterisiert wird und welche Beweggründe ihm zugrundeliegen.
Dr. rer. nat. Jana Strahler, promovierte Psychologin und Vertretung der Professur für Gesundheitspsychologie und Angewandte Diagnostik an der Bergischen Universität Wuppertal, erforscht die Charakteristika und das Krankheitsbild der Orthorexie und betreut die neueste Online-Studie zu dieser Thematik. Im Rahmen des 17. Life Science Dialogue informiert Frau Dr. Strahler über den aktuellen Forschungsstand.
Dialog-Übersicht
19. Heidelberger Kamingespräch: Essen in Widersprüchen
Heidelberg
Wissenschaft bedeutet Widersprüche, und genau diese sind Teil der Lösung, wenn es um eine zukunftsfähige und gesunde Ernährung geht. Dieses Thema stand im Mittelpunkt der gestrigen "Heidelberger Kamingespräche" mit Prof.in Dr.in Sabine Kulling und Prof.in Dr.in Hannelore Daniel.
In gewohnt hochwertigem Ambiente begrüßten Dr. Hans-Joachim Arnold, Vorstandsvorsitzender der Dr. Rainer Wild-Stiftung, und Dr.in Silke Lichtenstein, Geschäftsführerin und wissenschaftliche Leiterin, die Gäste.
Das riecht aber gut! Zur zentralen Verarbeitung sensorischer Reize und deren Einfluss auf das Essverhalten.
online
270 Teilnehmende folgten am Dienstag, 11.05.2021, dem Vortrag „Das riecht aber gut! Zur zentralen Verarbeitung sensorischer Reize und deren Einfluss auf das Essverhalten.“, der im Rahmen des 1. LifeScience@home der Dr. Rainer Wild-Stiftung aus Heidelberg online stattfand. In der eineinhalbstündigen Fachveranstaltung gab Frau Professorin Dr. rer. biol. hum. Jessica Freiherr von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg seltene Einblicke in die Welt der neurowissenschaftlichen Forschung zur sensorischen Wahrnehmung des Menschen im Zusammenhang mit Essen und Trinken.
Mangelernährung - Mehr Aufmerksamkeit für das Zuwenig
Heidelberg
Noch wird Mangelernährung in Lehre und Ausbildung von Fachkräften nicht angemessen behandelt, sodass Beratungsangebote, Schwerpunktpraxen und Schnittstellen zur Behandlung fehlen. Vor allem aber mangelt es an Problembewusstsein und Kommunikation. Im Rahmen des 18. Life Science Dialogue wird Prof. Dr. med. Christian Sina sowohl die Vielfalt der Mangelernährungsproblematik als auch die Handlungschancen aufzuzeigen.