"Ernährung und Bewegung - gehören zusammen"
Weltweit sterben Millionen von Menschen an eigentlich vermeidbaren Krankheiten. Bewegungsmangel und ungesunde Ernährung sind dafür wesentliche Ursachen. Welche Rolle Bewegung und Ernährung für unsere Gesundheit spielen, diskutierten rund 130 Teilnehmer des 13. Heidelberger Ernährungsforums am 28. und 29. September 2009 mit Experten aus den Bereichen Ernährung, Sport und Gesundheitsförderung.
Dass es nicht ausreicht, ein paar griffige Faustregeln für mehr Bewegung mit einigen Ernährungsempfehlungen zu verbinden, wurde schnell deutlich. Eine genetisch begründete Ernährung gebe es nicht, wohl aber eine Veranlagung, Energie besser oder schlechter zu verwerten, so Dr. Gesa Schönberger von der Dr. Rainer WildStiftung. Zu viel Essen und zu wenig Bewegung führen bei nahezu jedem Menschen zu Übergewicht. Es sind aber nicht alle dick – und das liegt weniger an den Genen als vielmehr am Verhalten.
Der trainierte Übergewichtige, das machte Prof. Dr. Martin Halle von der TU München deutlich, ist weniger erkrankungsgefährdet als der untrainierte Schlanke. Erst in Verbindung mit Bewegungsmangel werde Übergewicht zu einem gravierenden Risikofaktor. Wer chronischen Krankheiten vorbeugen will, sollte deshalb täglich 30 Minuten Sport mit moderater Intensität treiben, zur Gewichtsabnahme 60 Minuten. Neuere Erkenntnisse haben gezeigt, dass sich nicht nur lange Trainingseinheiten positiv auf den Stoffwechsel auswirken, sondern dass auch kurze Einheiten (mindestens 10 Minuten) addiert werden können. Wichtig sei dabei, dass der Kreislauf richtig in Schwung komme.
Ob Bewegung den Appetit anregt, hängt von der Intensität, der Dauer, der Belastung und der Fitness des Einzelnen ab, erklärte Prof. Dr. Daniel König von der Universität Freiburg. Zudem reagieren die Menschen sehr verschieden: Manche langen nach dem Sport besonders zu, während andere eher wenig Appetit verspüren. Gründe für diese Unterschiede im Essverhalten seien noch nicht ausreichend untersucht. Fest steht dagegen, dass eine Kombination aus Diät und Sport für eine Gewichtsreduktion am effektivsten sei, da so gleichzeitig an der Energiezufuhr und dem Energieverbrauch angesetzt werde.
Bewegung und Sport sind zudem unverzichtbare Bestandteile für eine gesunde körperliche, motorische, geistige und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, so Dr. Swantje Scharenberg vom Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen der Universität Karlsruhe. Eine Studie der TH Karlsruhe habe gezeigt, dass deutsche Grundschulkinder durchschnittlich nur eine Stunde aktiv in Bewegung sind und den Rest des Tages sitzen (neun Stunden) oder stehen (fünf Stunden). Sie forderte deshalb ein regelmäßiges, vielseitig ausgerichtetes Bewegungsangebot, das Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination schule, Interesse am Sport wecke und Bindungen schaffe.
Insgesamt wurde deutlich, dass Bewegung und gesunde Ernährung für Menschen jeder Gewichts-, aber auch jeder Altersklasse wichtig sind. Dass wir altern – und das tun wir ab etwa dem 25. Lebensjahr – ist unausweichlich. Doch wie wir altern, haben wir bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand, betonte Prof. Dr. Petra Lührmann von der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd. Denn neben Veranlagung und Umwelt spiele der Lebensstil eine entscheidende Rolle für den Alterungsprozess. Ausgewogenes Essen und körperliche Aktivität können altersbedingte Veränderungen, wie beispielsweise die Abnahme der Muskelkraft und der Immunfunktionen, verlangsamen und so zum Erhalt und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen.
Dies bestätigte auch Dr. Jennifer Anders vom Albertinen-Haus Hamburg, die das Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter“ vorstellte. Kern dieses ganzheitlichen Vorsorgeangebots sei das sogenannte Kleeblatt-Konzept, bei dem Experten gemeinsam mit den Senioren anhand individueller Möglichkeiten, Risiken, Vorlieben und Abneigungen Gesundheitsempfehlungen erarbeiten. Neben der Ernährung und der körperlichen Aktivität spiele auch das soziale Umfeld eine bedeutende Rolle, da der körperliche Abbau älterer Menschen häufig durch psychische Probleme hervorgerufen werde. Sinnvoll sei, Konzepte wie dieses flächendeckend in die ambulante Versorgungsstruktur Deutschlands zu implementieren, um so langfristig Morbidität und Pflegebedürftigkeit im Alter zu senken.
Auch bei der Prävention von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen sei ein breiter Ansatz wichtig, so Dr. Andrea Lambeck von der Plattform für Ernährung und Bewegung e.V. Berlin (peb). Dies zeige der Erfolg des Projekts „gesunde kitas · starke kinder“, das zum Ziel hat, die Gesundheitsförderung systematisch mit dem Bildungsauftrag der Kindertagesstätten zu verzahnen. Allerdings gebe es dafür kein „fertiges“ Baukastensystem. Vielmehr entwickeln die Einrichtungen gemeinsam mit geschulten Coaches ein auf sie zugeschnittenes Konzept und setzen die Ziele je nach vorhandenen Möglichkeiten selbst fest. Neben der Ernährung und der körperlichen Aktivität spiele auch die Entspannung eine wesentliche Rolle.
Prof. Dr. Winfried Banzer, Sportmediziner an der Universität Frankfurt, sieht den entscheidenden Schritt darin, sich überhaupt zu bewegen. Für Menschen, die bisher wenig bis gar nichts getan haben, seien Alltagsbewegungen ein guter Einstieg für mehr körperliche Aktivität. Um aber letztendlich einen größeren gesundheitlichen Nutzen zu erreichen, müsse das eigentliche Ziel eine regelmäßige sportliche Betätigung, z. B. in einem Verein sein. Häufig ändere sich dadurch auch die Grundeinstellung zum eigenen Körper und könne so ganz automatisch auch zu einer gesünderen Ernährung führen.
Die Tagung hat gezeigt, wie wichtig es ist, Maßnahmen der gesunden Ernährung mit Maßnahmen der körperlichen Aktivität eng zu verzahnen – nicht nur zum Schutz der Gesundheit des Einzelnen, sondern auch für das Zusammenleben der Generationen und Kulturen. „Die dafür wesentlichen Konzepte sind bekannt und evaluiert, jetzt müssen Taten folgen“, so Prof. Dr. Martin Halle zum Abschluss des Forums.
Das 13. Heidelberger Ernährungsforum fand in Kooperation mit der Evangelischen Akademie Tutzing und dem Zentrum für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der TU München statt.
Weitere Informationen:
Dr. Rainer Wild-Stiftung
Nicole Schmitt
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E-Mail: nicole.schmitt@gesunde-ernaehrung.org
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Die Dr. Rainer Wild-Stiftung, Stiftung für gesunde Ernährung versteht sich als Kompetenzzentrum für gesunde Ernährung und Ansprechpartner für Fachleute, Wissenschaftler und Multiplikatoren. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse will sie ein tieferes Verständnis für die existenzielle Bedeutung gesunder Ernährung schaffen und setzt sich aktiv für einen zeitgemäßen und verantwortungsbewussten Umgang mit Ernährung ein. Mit einer umfassenden Herangehensweise beleuchtet sie das Thema Ernährung aus verschiedenen Blickwinkeln. Im Mittelpunkt ihrer Projekte, Publikationen und Veranstaltungen stehen Ernährungsbildung, Verbraucherverhalten, Esskultur und Geschmacksforschung. Die Dr. Rainer Wild-Stiftung wurde 1991 von Prof. Dr. Rainer Wild, einem Unternehmer aus der Lebensmittelindustrie, in Heidelberg gründet. Sie ist eine gemeinnützige und unabhängige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Gemäß ihrer Satzung ist sie operativ tätig und nicht fördernd.